13. Juni 2015

Der Bundesgerichtshof hat den Europäischen Gerichtshof um eine Stellungnahme zu der Frage gebeten, ob ein Großhändler, der ein Produkt für das nur in England ein englisches Konformitätsverfahren durchgeführt wurde mit deutscher Kennzeichnung und Gebrauchsanweisung versieht und nach Deutschland parallelimportiert, ein neues Konformitätsbewertungsverfahren durchführen muss und ob es in dieser Hinsicht eine Rolle spielt, ob der Großhändler den Text wörtlich den Gebrauchsanweisungen entnimmt, die der Hersteller für die Produkte verwendet, für die er in Deutschland ein Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt hat.

Die Herstellerin der Produkte vertreibt in Deutschland Teststreifen zur Blutzuckerselbstkontrolle mit Angaben in deutscher Sprache und deutscher Gebrauchsanweisung, für die sie ein Konformitätsverfahren für Deutschland durchlaufen hat. Die Teststreifen weisen die Grenzwerte für die Kontrolllösung in mmol/l und mg/dl aus.

Sie verkauft auch ein vergleichbares Produkt in England, für das sie dort ein entsprechendes Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen hat. Der Unterschied zu den deutschen Produkten: Die Teststreifen weisen in England die Grenzwerte ausschließlich in mmol/l aus, da die Messgeräte dort ausschließlich mit dieser Messeinheit arbeiten.

Ein Großhändler labelte nun die englischen Verpackungen um, legte eine Gebrauchsanweisung, die der Herstellergebrauchsanweisung für die deutschen Teststreifen wörtlich entsprach, bei und vertrieb diese in Deutschland. Hiergegen wehrte sich die Herstellerin und berief sich darauf, dass ein Medizinprodukt nur nach entsprechendem Konformitätsbewertungsverfahren in Deutschland vertrieben werden darf. Da das Konformitätsbewertungsverfahren sich nicht nur auf das Produkt selbst, sondern auch auf die Gebrauchsanweisung erstreckte entfalte es keine Wirkung mehr, wenn dem Produkt die Gebrauchsanweisung eines anderen Produktes beigefügt werde, auch wenn dieses das Verfahren ebenfalls durchlaufen hat.

Denn die nicht geprüfte Übernahme der Kennzeichnung und Gebrauchsanweisung berge die Gefahr von Fehlern, die die Gesundheit der Patienten gefährden können – in vorliegenden Fall bestünde konkret die Gefahr von Fehlern bei der Umrechnung, da nur einer von zwei Messwerten abgerufen werden konnte. Der Großhändler habe aber kein zusätzliches Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt.

Fazit:

Kommt der Gerichtshof der Europäischen Union zum Ergebnis, dass ein erneutes Konformitätsbewertungsverfahren erforderlich gewesen wäre, kommen hier nicht nur Unterlassungsansprüche in Betracht. Vielmehr würde es sich um einen unerlaubten Vertrieb von Medizinprodukten handeln, für den sogar eine Freiheitsstrafe im Raum steht.

Unternehmen, die Parallelimporte durchführen, sind also gut beraten, bis zur abschließenden Entscheidung über die Angelegenheit sorgfältig zu prüfen, ob auch für die von Ihnen vertriebenen Produkte ein entsprechendes Risiko besteht.

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