23. März 2016

Neben medizinischen Aufklärungspflichten treffen den (Zahn)Arzt auch wirtschaftliche Beratungs- und Aufklärungspflichten, wonach er den Patienten auch über die wirtschaftlichen Folgen einer Untersuchung und/oder ärztlichen Behandlung ausreichend zu unterrichten hat. Unklarheit besteht darüber, wann und in welchem Umfang eine wirtschaftliche Aufklärung erfolgen muss. In Zeiten eingeschränkter Leistungskataloge der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen sollte der (Zahn)Arzt diese Aufklärungspflicht nicht unterschätzen. Wieso und worauf zu achten ist, zeigen die folgenden Ausführungen.

1. Gesetzliche Grundlagen

Seit Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes Ende Februar 2013 ist die wirtschaftliche Aufklärungspflicht in § 630c Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Der insoweit einschlägige Absatz 3 lautet in seiner aktuellen Fassung wie folgt:

(3) Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren. Weitergehende Formanforderungen aus anderen Vorschriften bleiben unberührt. 

Doch bereits vor Inkrafttreten dieser gesetzlichen Regelung hat die Rechtsprechung (grundlegend: BGH, Urteil vom 01.02.1983, VI ZR 104/81) die wirtschaftliche Aufklärungspflicht des (Zahn-)Arztes als sogenannte Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag statuiert.

Gesetzlich normiert ist, dass den behandelnden (Zahn)Arzt Informationspflichten im Zusammenhang mit den finanziellen Folgen der Behandlung treffen, wenn er weiß, dass die Behandlungskosten durch einen Dritten (in der Regel den Krankenversicherer) nicht vollständig übernommen werden. Voraussetzung ist insoweit, dass der (Zahn)Arzt positive Kenntnis von der Unsicherheit der Kostenübernahme durch einen Dritten hat. In diesem Fall muss der behandelnde (Zahn)Arzt die voraussichtliche Höhe der Behandlungskosten beziffern. Diese Information ist notwendig, damit der Patient die wirtschaftliche Tragweite seiner Entscheidung überschauen und abschätzen kann, ob er sich die vorgeschlagene Behandlung finanziell leisten kann oder nicht.

Im Falle eines pflichtwidrigen Verstoßes gegen die wirtschaftliche Informationspflicht des (Zahn)Arztes kann der Patient dem Anspruch des Behandlers auf Bezahlung der Behandlungskosten den Pflichtverstoß aus § 630c Abs. 3 BGB entgegenhalten.

2. Umfang der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht

Der Umfang der Aufklärungspflicht ergibt sich im Einzelfall jeweils aus dem Kenntnisstand des Patienten.

Im Rahmen des Umfangs der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht ist zwischen der Aufklärungspflicht gegenüber gesetzlich versicherten Patienten einerseits und privat versicherten Patienten andererseits zu unterscheiden.

a) Aufklärungspflicht bei gesetzlich versicherten Patienten 

Bei der Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten geht der Gesetzgeber davon aus, dass der (Zahn-)Arzt grundsätzlich einen Informationsvorsprung gegenüber dem Patienten hat. Der (Zahn-)Arzt hat regelmäßig Kenntnis davon, welche Behandlungskosten ihm von der Kassen(-zahn)ärztlichen Vereinigung erstattet werden und welche nicht, da er mit der Krankenkasse täglich selbst abrechnet. Die medizinische Notwendigkeit der Behandlung und damit die Übernahmefähigkeit der Behandlungskosten kann der Patient als medizinischer Laie hingegen nicht selbst beurteilen. Die Kostenübernahme zugunsten des Kassenpatienten stellt die Regel dar, sodass dem Patienten i.d.R. keine zusätzlichen Kosten entstehen, über die der (Zahn-)Arzt aufklären müsste. Steht jedoch bereits zu Beginn der Behandlung fest, dass die gesetzliche Krankenkasse für die Kosten der Behandlung nicht eintritt und somit ein direkter Anspruch des (Zahn-)Arztes gegen den Patienten auf Bezahlung aus § 630a BGB besteht, ist der (Zahn-)Arzt hinsichtlich dieser Kosten aufklärungspflichtig, soweit er davon ausgehen muss, dass diese Kosten dem Patienten entstehen.

b) Aufklärungspflicht gegenüber privat versicherten Patienten 

Anders sieht es bei der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht gegenüber privat versicherten Patienten aus. Hier macht der (Zahn-)Arzt seine Ansprüche direkt gegenüber dem Patienten als dessen Vertragspartner und Kostenschuldner geltend. Die Erstattung der Kosten durch die Krankenversicherung betrifft daher das Vertragsverhältnis zwischen Patient und Versicherung. Folglich stellt sich der Kompetenz- und Verantwortungsbereich des (Zahn-)Arztes hier anders dar als beim gesetzlich versicherten Patienten. In der Regel ist der (Zahn-)Arzt nicht über die Einzelheiten der versicherungsvertraglichen Absicherung eines Privatpatienten informiert. Ihm ist auch nicht zuzumuten, sich die zahlreichen vertraglichen Ausgestaltungsmöglichkeiten in der privaten Krankenversicherung aushändigen zu lassen und sodann zu prüfen, ob alle kostenauslösenden medizinischen Maßnahmen vom Umfang des Versicherungsschutzes abgedeckt sind. Darum muss sich der Patient vielmehr selbst kümmern, zumal er den alleinigen Zugang zu den notwendigen Unterlagen und Informationen hat.

Ausnahmen ergeben sich jedoch für den Fall, dass der (Zahn-)Arzt positiv weiß, dass die private Krankenversicherung oder Beihilfe die Erstattung der Behandlungskosten verweigern bzw. Probleme bereiten wird, z.B. dann, wenn er sich die Versicherungsbedingungen vom Patienten zur Überprüfung hat aushändigen lassen. In einem solchen Fall wird eine Aufklärungspflicht angenommen.

Ebenso besteht eine Aufklärungspflicht, wenn der (Zahn-)Arzt Zweifel hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit oder Beihilfefähigkeit der Leistung hat oder haben muss.

3. Fazit

Hat ein (Zahn)Arzt Zweifel daran, dass die Krankenversicherung – egal ob privat oder gesetzlich – eine Behandlung nicht in vollem Umfang zahlt, so trifft ihn die Pflicht, den Patienten darüber aufzuklären. Ebenso wie bei der Aufklärung über Risiken, Erfolgschancen und Behandlungsverlauf ist schriftlich zu dokumentieren, dass der Patient auch über die wirtschaftlichen Gesichtspunkte aufgeklärt worden ist. Unterlässt der (Zahn-)Arzt diese Dokumentation, stellt sich bei möglicherweise auftretenden Problemen eine spätere Beweisführung als sehr schwierig dar. Zudem drohen dem (Zahn-)Arzt bei Verstößen erhebliche monetäre Konsequenzen. Die wirtschaftliche Aufklärungspflicht sollte daher ernst genommen und befolgt werden.

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