5. Februar 2016

Mit Beschluss vom 12. Januar 2016 verwarf das Bundesverfassungsgericht (1 BvL 6/13), das anwaltliche Sozietätsverbot, welches die Zusammenarbeit von Anwälten und Ärzten untersagte. Nach Auffassung der Richter verstößt das aus § 59a Abs. 1 S. 1 BRAO folgende Verbot der Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit und stellt eine nicht mehr zeitgemäße Einschränkung der Anwaltschaft dar.

§ 59a Abs. 1 S. 1 BRAO regelt:

„Rechtsanwälte dürfen sich mit Mitgliedern einer Rechtsanwaltskammer und der Patentanwaltskammer, mit Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen der eigenen beruflichen Befugnisse verbinden.“

Im Umkehrschluss war Anwälten die gemeinsame Tätigkeit mit anderen (als den genannten) Berufsgruppen untersagt. Der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts sah dies nicht mehr als zeitgemäß an und stellte einen erheblichen Verstoß gegen die aus Art. 12 GG folgende Berufsfreiheit fest.

Geklagt hatten ein Rechtsanwalt und eine Ärztin/Apothekerin. Diese gründeten eine Partnerschaftsgesellschaft unter dem Namen: „Rechtsanwalt und Ärztin und Apothekerin, interprofessionelle Partnerschaft für das Recht des Arztes und des Apothekers“ und meldeten diese beim zuständigen Amtsgericht zur Eintragung in das Partnerschaftsregister an. Das Amtsgericht wies die Anmeldung zurück, wogegen das Ehepaar Beschwerde einlegte und letztlich das Verfahren bis zum Bundesverfassungsgericht ging.

Nach Ansicht der Richter ist § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO mit Art. 12 Abs. 1 GG insoweit unvereinbar, als die Regelung einer Verbindung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten mit Ärztinnen und Ärzten sowie mit Apothekerinnen und Apothekern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft entgegensteht.

Insbesondere habe der „Eingriff in die freie Berufsausübung durch das Sozietätsverbot (…) erhebliches Gewicht. (…) die begrenzte Überschaubarkeit und zunehmende Komplexität moderner Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse haben zur Folge, dass Rechtsfragen oft nicht ohne professionellen Sachverstand aus anderen Berufen ausreichend beantwortet werden können und die Nachfrage nach kombinierten interprofessionellen Dienstleistungen wächst. Für eine qualifizierte Beratung und Vertretung der Rechtsuchenden, aber auch für den wirtschaftlichen Erfolg einer Anwaltskanzlei kann es daher entscheidend sein, anwaltliche Hilfe in spezialisierten Bereichen anzubieten und sich mit Angehörigen hierfür geeigneter Berufe zur gemeinsamen Berufsausübung zusammenzuschließen. Im Unterschied zu einer Zusammenarbeit nur in konkreten einzelnen Fällen ermöglicht ein solch dauerhafter Zusammenschluss eine gemeinsame Außendarstellung und damit auch Vorteile beim Angebot der berufsübergreifenden Leistungen. Dass hierbei auch wirtschaftliche Ziele Bedeutung erlangen, schmälert das Gewicht des Eingriffs eines an die Rechtsanwaltschaft gerichteten Sozietätsverbots nicht.

Als Angehörige eines freien Berufs tragen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte das volle wirtschaftliche Risiko ihrer beruflichen Tätigkeit, so dass kommerzielles Denken mit dem Anwaltsberuf nicht schlechthin unvereinbar ist.“

Letztlich wiegen die Gründe, die für ein Sozietätsverbot sprechen nicht so schwerwiegend, dass ein Eingriff in die Berufsfreiheit verfassungsrechtlich rechtfertigen würde.

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