24. November 2014

Implantat-Leistungen in fremder Praxis auf Honorar-Basis – ein gefährlicher Trend (Teil 2)

In einem ersten Artikel hatten wir in der DZW Ausgabe 41/14 (Seiten 7 und 8) auf die verschiedenen Problemstellungen hingewiesen, die entstehen, wenn ein Praxisinhaber einen spezialisierten Kollegen (z.B. einen Implantologen) hinzuzieht und dieser dann in der Praxis des Kollegen dessen Patienten behandelt.

Wir hatten dargelegt, dass diese durchaus übliche Verfahrensweise einen Verstoß gegen die Berufsordnung begründen und zudem auch wettbewerbsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Insbesondere auf die strafrechtlichen Konsequenzen soll im Folgenden noch einmal näher eingegangen werden.

A. Strafrechtliche Probleme bei der Abrechnung von Implantat-Leistungen in fremder Praxis

Wie bereits in Ausgabe 41/14 dargelegt kann ein Zahnarzt nur für selbst erbrachte Leistungen Gebühren abrechnen. Wenn er die Gebühren eines hinzugezogenen Implantologen abrechnet, rechnet er nicht selbst erbrachte Leistungen ab, mit der Folge eines Verstoßes gegen § 15 Abs. 1 SGB V bzw. § 4 Abs. 2 GOZ. Dies erfüllt dann die Voraussetzungen eines Abrechnungsbetruges nach § 263 StGB. Und nicht nur das. Da der Abrechnungsbetrug im Rahmen der Berufstätigkeit erfolgt und mehr als ein Zahnarzt beteiligt ist, kann der Tatbestand dann sogar den strafschärfenden § 263 Abs. 5, den gewerbsmäßigen Bandenbetrug, erfüllen, der mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft wird.
Um dies zu umgehen sollte der Zahnarzt den Patienten darauf hinweisen, dass der Implantologe seine entstandenen Gebühren direkt mit dem Patienten abrechnet, § 4 Abs. 5 GOZ. Solange also Patient/Krankenkasse nicht über die Person, die tatsächlich Leistungen erbracht hat im Unklaren gelassen und dies auch klar kommuniziert wird, geht der Zahnarzt grundsätzlich keine strafrechtlichen Risiken ein. Voraussetzung dabei ist jedoch, dass der richtige Behandler die Abrechnung stellt. Nämlich derjenige, der die abgerechnete Leistung auch tatsächlich persönlich erbracht hat. Denn der Bundesgerichtshof hat mehrfach und eindeutig festgestellt, dass der Abrechnungsbetrug bereits dann erfüllt wird, wenn ein Behandler abrechnet, der die Leistung nicht selbst erbracht hat. Dies gilt sogar dann, wenn die Leistung der Höhe nach völlig korrekt berechnet wurde.

Sicher kann man auf dem Standpunkt stehen, dass die Rechtsprechung des BGH hier in die falsche Richtung geht. Denn es ist faktisch so, dass den Krankenkassen bzw. den Patienten kein Schaden im klassischen Sinn entsteht, da die vom Zahnarzt und dem mit ihm zusammenarbeitenden Spezialisten erbrachte Leistung erwünscht und werthaltig ist; zudem ist die Leistung in fast allen fällen medizinisch indiziert. Diese Diskussion hilft jedoch im Fall der Fälle nicht weiter, da die Rechtsprechung insoweit eindeutig ist und auch keinen Beurteilungsspielraum zulässt.

Umso wichtiger ist es, den Abrechnungsweg korrekt einzuhalten. Denn alleine der falsche Rechnungssteller kann dazu führen, dass ein an sich nur berufsrechtliche relevanter Tatbestand (unter dem Gesichtspunkt der Zuweisung gegen Entgelt, hierzu weiter unten) strafrechtlich relevant wird.

Geschütztes Rechtsgut beim Betrug ist das Vermögen. Dieses wird hier zwar nicht im klassischen Sinn „geschädigt“, da der Patient nicht mehr zahlt, als er zahlen müsste. Er zahlt lediglich an jemanden, der die Leistung nicht selbst erbracht hat. Die Rechtsprechung des BGH führt jedoch dazu, dass die Einwandfreiheit der Leistungserbringung, mithin eine korrekte Rechnungsstellung, in den Betrugstatbestand mit einbezogen wird.

Die Juristen sprechen insoweit vom normativen Schadensbegriff. Dieser normative Schadensbegriff besagt, dass der für den Betrug notwendige Vermögensschaden bereits dann vorliegt, wenn von Abrechnungsbestimmungen abgewichen wird. Zahnärzte, die falsch abgerechnet haben, können sich dann nicht darauf berufen, dass der Patient eine benötigte und medizinisch indizierte zahnärztliche Leistung erhalten hat, die auch fachlich korrekt erbracht worden ist. Entscheidend ist allein die Abweichung von bestehenden gesetzlichen Bestimmungen. Eins der größten Strafbarkeitsrisiekn in diesem Zusammenhang ist eben der Verstoß gegen die persönliche Leistungserbringungspflicht, die sowohl im kassenzahnarztrechtlichen als auch privatzahnarztrechtlichen Bereich gilt.

Abweichungen von der gesetzlichen Regelung bzw. höchstrichterlichen Rechtsprechung begründen also ein erhöhtes Strafbarkeitsrisiko, das vielen in der Praxis leider nicht bewusst ist.

Gleiches gilt natürlich für den Zahnarzt, der seinen Patienten in eine befreundete Praxis schickt, damit dort eine DVT-Aufnahme gemacht wird. Diese DVT-Aufnahme ist dann durch die Praxis abzurechnen, die die Aufnahme gemacht hat. Eine Abrechnung der Aufnahme durch den zuweisenden Zahnarzt begründet ebenfalls einen Abrechnungsbetrug, an dem die Praxis die die Aufnahme gefertigt hat, im Zweifel als Mittäter beteiligt ist.

Da die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insoweit eindeutig ist, ist es ratsam, hierauf zu achten. Zuletzt hatte der BGH sich im Jahr 2012 mit dem Thema zu beschäftigen. Der BGH hat in diesem Beschluss einmal mehr klargestellt: Wenn ein (Zahn)Arzt nicht selbst erbrachte ärztliche Leistungen als eigene abrechnet, behauptete er nicht lediglich, zu deren Abrechnung berechtigt zu sein, sondern auch (zumindest konkludent), dass die Voraussetzungen der der Abrechnung zugrundeliegenden Rechtsvorschriften eingehalten worden seien.

Insofern überträgt der BGH die gefestigte Rechtsprechung zum Abrechnungsbetrug bei Vertragsärzten (vgl. BGH, Urteil vom 1. September 1993 – 2 StR 258/93; BGH, Urteil vom 10. März 1993 – 3 StR 461/92; BGH, Urteil vom 21. Mai 1992 – 4 StR 577/91; BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 – 4 StR 420/91), auch auf privatliquidierende Ärzte und Zahnärzte.

Die Folgen einer falschen, strafrechtlich relevanten Abrechnungspraxis sind nicht zu unterschätzen. Wenn der Zahnarzt dieses Modell der Abrechnung häufiger
(es reichten schon ein paar Male über mehrere Monate) betreibt, kommt wie bereits ausgeführt ein sogenannter gewerbsmäßiger Betrug gem. § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB in Betracht. Mindeststrafe für eine Tat beträgt hier dann 6 Monate Freiheitsstrafe. Da solche Kooperationen jedoch meistens nicht einmalig, sondern vielmehr in den meisten Fällen auf längere Zeit angelegt sind, in dem die Zuweisung von Patienten regemäßig erfolgt, kommen schnell zahlreiche Fälle zusammen. Selbst wenn nur eine Zuweisung pro Woche erfolgt, bei der der falsche Behandler abrechnet, ist für den Fall, dass eine solche Zusammenarbeit über eine Zeitraum von zwei Jahre erfolgt und dann den Ermittllunsbehörden auffällt, ein Abrechnungsbetrug in über 100 Fällen zu beklagen und bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.

Entsprechende Verurteilungen werden nach der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) gemäß Nr. 26 der jeweiligen Landeszahnärztekammer seitens der Staatsanwaltschaft mitgeteilt. Sich daraus ergebende Folgeverfahren bis hin zum Ruhen oder dem Entzug der Approbation sind dann im Rahmen des Möglichen.

B. Patientenzuweisung gegen Entgelt im Lichte des Strafrechts

Selbst wenn in dem beschriebenen Fall, dass ein Praxisinhaber in seiner Praxis einen spezialisierten Implantologen arbeiten lässt, der richtige Behandler am Ende die Abrechnung erstellt, drohen oftmals zumindest berufsrechtliche Konsequenzen. Denn immer wieder ist festzustellen, das in solchen Konstellationen die beteiligten Behandler darum bemüht sind, gemeinsam an den erzielten Einnahmen zu partizipieren. Und hierzu zahlt dann der abrechnende Implantologe einen bestimmten Betrag des vereinnahmten Honorars an den Praxisinhaber.

In einem solchen Fall greift dann möglicherweise das berufsrechtliche Verbot der Zuweisung von Patienten gegen Entgelt. Die Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer (MBO) regelt dieses Verbot in § 2 Abs. 8 wie folgt:

„Es ist dem Zahnarzt nicht gestattet, für die Zuweisung und Vermittlung von Patienten ein Entgelt zu fordern oder andere Vorteile sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren.“

Bereits die berufsrechtlichen Sanktionen können erheblich sein. In einem berufsgerichtlichen Verfahren können Verwarnungen und Verweise, aber auch erhebliche Geldbußen und letztlich auch die Feststellung, der Unwürdigkeit den Zahnarzt-Beruf auszuüben, ausgesprochen werden.

Das Strafrecht greift bei der reinen Zuweisung gegen Entgelt noch nicht. Als Konsequenz auf den vielbeachteten Beschluss des BGH Anfang 2012 (BGH, Beschluss v. 29.03.2012 – GSSt 2/11), wonach (Zahn-)Ärzte weder Amtsträger, noch Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen sind, was für eine Bestrafung wegen Bestechlichkeit notwendig wäre, sieht der aktuelle Koalitionsvertrag jedoch vor, einen neuen Straftatbestand (§ 299a StGB) ins Strafgesetzbuch aufzunehmen. Nach dem dort vorgesehen Wortlaut wäre die Zuweisung gegen Entgelt dann ausdrücklich auch strafrechtlich relevant.

Bisher fiel dieser neue Straftatbestand, der bereits in der vergangenen Legislaturperiode eingeführt werden sollte, der Diskontinuität in der Politik zum Opfer, da der letzte Bundesrat sich gegen das Gesetz stellte. Nunmehr ist man sich in der großen Koalition jedoch einig und es ist nur noch ein Frage der Zeit, bis der geplante § 299a StGB Eingang ins Gesetz finden wird.

C. Zusammenfassung

Grundsätzlich ist eine Tätigkeit in einer fremden Praxis unter bestimmten aber engen Voraussetzungen möglich. Und so sinnvoll eine solche Form der Kooperation ist, so wichtig ist es, diese stets im Einklang mit den rechtlichen Rahmenbedingungen zu leben. Denn bereits kleine Fehler können massive und unerwünschte Konsequenzen nach sich ziehen. Daher ist es unbedingt ratsam, vor dem Start einer solchen Kooperation seinen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen, um die geplante Zusammenarbeit und die geplanten Abrechnungswege überprüfen zu lassen. Wenn dies geprüft ist, steht einer Kooperation im Sinne des Patienten nichts im Wege.

Autoren: Jens Pätzold, Marc von Harten, Bad Homburg

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