Kooperationen zwischen medizinischen Einrichtungen und der Industrie

Kooperationen zwischen medizinischen Einrichtungen und der Industrie

Die Kooperationen zwischen der Pharmaindustrie und Medizinprodukteunternehmen sowie Ärzten, medizinischen Einrichtungen und deren Mitarbeitern ist einerseits politisch gewünscht und auch notwendig für die Weiterentwicklung einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung. Andererseits sind Ärzte „Gatekeeper“ des Umsatzes von Wirtschaftsunternehmen im Gesundheitsmarkt und diese Schlüsselrolle bietet einen starken Anreiz für Einflussnahmen auf das Bezugs- und Verordnungsverhalten. Deshalb gilt es bei der Zusammenarbeit einige Regeln zu beachten.

Es gibt im Wesentlichen vier klare Compliance-Regeln, die bei der Zusammenarbeit eine wichtige Orientierung bieten, um diese rechtskonform zu gestalten. Die Regelungen finden sich sowohl in den Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) als auch in den Branchenkodizes der Industrie wie z. B. dem Kodex Medizinprodukte des Bundesverbandes Medizintechnologie e. V. (BVMed) sowie dem Kodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e. V.“ (FSA).

Die Prinzipien der Compliance

Nach dem Trennungsprinzip sind Beschaffungsentscheidungen von anderen Geschäftsvorgängen oder entgeltlichen oder unentgeltlichen Zuwendungen im privaten Bereich getrennt und unabhängig voneinander abzuwickeln. Ausschließlich medizinische Erwägungen sind entscheidend.

Das Transparenzprinzip besagt, dass Zuwendungen und Vergütungen im Zusammenhang mit Beschaffungsgeschäften oder bzgl. der Behandlung von Patienten nicht verdeckt erfolgen sollten, sondern transparent zu handhaben sind.

Leistung und Gegenleistung müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen. Die Beachtung des Äquivalenzprinzips soll dazu beitragen, dass in der Vergütung von vertraglichen Leistungen jeglicher Art keine unlauteren oder möglicherweise auch strafbaren Vorteile gesehen werden können.

Entsprechend dem Dokumentationsprinzip empfiehlt es sich zur besseren Nachvollziehbarkeit, Leistungen im Zusammenhang mit der Behandlung von Patienten in schriftlichen Vereinbarungen detailliert zu definieren und festzuhalten. Hierbei sollte auch fixiert werden, welche Art eine Zuwendung ist, welchen Zweck sie verfolgt und welche Leistungen hierfür konkret erbracht werden müssen.

Diese vier Prinzipien der Compliance sollten bei allen Formen von Kooperationen angewandt werden.

Referenten- und Beraterverträge

Referententätigkeit von Ärzten für Pharma- und Medizinprodukteindustrie sind grundsätzlich ebenso zulässig wie Beraterverträge im Hinblick auf Forschung oder Entwicklung von Produkten.

Bei Referentenverträgen ist zunächst die Angemessenheit des Honorars entscheidend. Die Empfehlung geht dahin, besser einen Stundensatz als eine Pauschale zu vereinbaren, da sich auf diese Weise die Einhaltung des Äquivalenzprinzips (Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung) besser nachvollziehen lässt. Der Referent sollte über eine besondere Expertise auf dem angefragten Gebiet verfügen. Zudem ist es von Vorteil, wenn keine geschäftlichen Berührungspunkte bestehen, der Referent also nicht gleichzeitig Beschaffungsentscheidungen über Produkte des Veranstalters trifft. Letztlich sind auch Ort und Rahmen der Veranstaltung von Bedeutung. Angebote als Referent auf einer Veranstaltung im Ausland mit anschließendem Segeltörn sollte daher besser abgelehnt werden.

Auch bei Beraterverträgen gelten die genannten Grundsätze zur Angemessenheit des Honorars sowie zum Fehlen von geschäftlichen Berührungspunkten. Darüber hinaus sollte ein sachlicher Grund und ein objektiver Bedarf der Beratungsleistung bestehen. Wichtig ist zudem die Dokumentation der erbrachten Beratungsleistungen.

Eine gute Orientierung zu Kooperationen bietet hier § 18 FSA-Kodex Fachkreise:

  • Schriftlicher Vertrag, aus dem sich Leistung und Vergütung ergibt
  • berechtigter Bedarf an den zu erbringenden Leistungen
  • Auswahl der Vertragspartner muss dem jeweiligen Bedarf entsprechen
  • Anzahl der beauftragten Vertragspartner muss erforderlich sein
  • Vertragsverhältnis und die erbrachten Leistungen sind zu dokumentieren
  • Dokumentation ist mind. 1 Jahr aufzubewahren
  • Unternehmen hat die erbrachten Leistungen in geeigneter Weise zu verwenden
  • Vergütung darf nur in Geld bestehen und muss zu der erbrachten Leistung in einem angemessenen Verhältnis stehen
  • Abschluss von Verträgen darf nicht zum Zwecke der Beeinflussung von Therapie-, Verordnungs- und Beschaffungsentscheidungen oder zu bloßen Werbezwecken missbraucht werden

Veranstaltungssponsoring

Problematisch ist vor allem das Sponsoring der passiven Teilnahme (also reines Zuhören ohne zu referieren) von Ärzten an Fortbildungsveranstaltungen. Bisher vertritt die herrschende Meinung die Ansicht, dass das Sponsoring der passiven Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung zulässig sei, solange die Regelungen der Berufsordnung, des Kodex Medizinprodukte und des FSA-Kodex eingehalten würden.

Bereits im Dezember 2015 hat der Gesamtverband der europäischen Medizintechnik-Industrie (MedTech Europe) jedoch einen verschärften Ethik-Kodex beschlossen. Danach ist jegliche finanzielle Unterstützung von Fachkreisen zur passiven Teilnahme an drittorganisierten Konferenzen (Phase out direct sponsorship) künftig einzustellen. In Anlehnung daran hat der BVMed zum 01.01.2018 auch den Kodex Medizinprodukte entsprechend angepasst. Danach lautet nunmehr auch die Empfehlung des BVMed, dass eine vollkommene Risikominimierung bei der direkten Unterstützung der passiven Teilnahme an drittorganisierten Konferenzen nur dadurch erreicht werden kann, indem die Unternehmen eine derartige Unterstützung gänzlich einstellen. Soweit Ärzte passiv teilnehmen, können Kosten nach dem neuen Kodex Medizinprodukte nur dann übernommen werden, wenn die Teilnahme auch den Zweck verfolgt, Erkenntnisse und Erfahrungen zu vermitteln, die die Produkte bzw. die damit verbundenen Prozeduren des unterstützenden Medizinprodukteherstellers betreffen. Nach dem ärztlichen Berufsrecht ist hingegen nach wie vor die finanzielle Unterstützung von externen Fortbildungsveranstaltungen gegenüber den Veranstaltern ist in einem angemessenen Umfang zulässig.

Geldspenden

Die Geldspende stellt immer eine einseitige Leistungsbeziehung dar. Eine Spende muss zweckgebunden erfolgen, d. h. zum Zwecke von Forschung und Lehre, zur Verbesserung der Gesundheits- oder Patientenversorgung, zu Aus- und Weiterbildungszwecken oder für sonstige mildtätige Zwecke.

Empfänger einer Geldspende können nur gemeinnützige medizinische Einrichtungen sein, wie Körperschaften des öffentlichen Rechts oder auch gemeinnützige juristische Personen des Privatrechts (gGmbH). Die Spende sollte nicht nur von der Verwaltung, sondern auch vom Träger der medizinischen Einrichtung genehmigt werden. Ist ein Krankenhausarzt an der Einwerbung der Spende beteiligt, muss zudem eine Dienstherrengenehmigung vorliegen.

Fazit zu Kooperationen im Gesundheitswesen

Um den Anschein einer unzulässigen Zuwendung zu vermeiden – und damit letztlich den Anfangsverdacht einer Straftat – sollten die Prinzipien der Compliance bei jeglichen Kooperationen beachtet werden. Wichtig ist, dass die Zusammenarbeit nicht nur in einem schriftlichen Vertrag fixiert wird, sondern auch tatsächlich in der Praxis entsprechend gelebt wird.

Kooperationen eingehen und profitieren. Doch die Exit-Strategie muss geplant sein.

Kooperationen eingehen und profitieren. Doch die Exit-Strategie muss geplant sein.

Die Rahmenbedingungen für Zahnärzte, Krankenkassen und Patienten verändern sich in dramatischer Geschwindigkeit. Bestehende Strukturen werden aufgesprengt, bislang prägende Reglementierungen aufgeweicht oder ganz aufgehoben. Die neue Gebührenordnung noch mal verschoben, um nur ein Beispiel zu nennen. Die rasante Entwicklung im Gesundheitsmarkt hat Folgen für alle Marktteilnehmer, speziell für die niedergelassenen Ärzte und Zahnärzte, die in den nächsten 10 Jahren Ihre Praxisabgabe planen. Schon heute zeichnet sich ab, dass mehr Praxen abzugeben sein werden, als es junge Ärzte und Zahnärzte geben wird, welche diese übernehmen. Die Exit-Strategie hat so schon heute besondere Bedeutung.

Kooperationen und Qualitätszirkel haben daher in den letzten Jahren zugenommen und werden dennoch von den Niedergelassenen nicht als echte Entwicklungsmöglichkeit für die Zukunft gesehen.

Gesundheitsmarkt und Zukunft

Wer sich im Gesundheitsmarkt umschaut erkennt, dass es Ärzte gibt, die an der Grenze zur Insolvenz arbeiten, häufig genug, ohne es selbst zu
erkennen. Zugleich gibt es in genau demselben Markt Ärzte die Millionenumsätzen erwirtschaften. Beide bieten häufig eine ähnliche Leistung zu ähnlichen Preisen an. Was die beiden unterscheidet ist die Strategie und die Begeisterung für Ihre Praxis. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Praxen besonders erfolgreich sind, die in wenigen Sätzen
definieren können, was das besondere an Ihrer medizinischen Leistung ist und die bereit sind Beratung und Dienstleistungen anderer in Anspruch zu nehmen. So können sich gutorganisierte Ärzte auf ihre Praxis konzentrieren. Aus der Geschichte heraus ist das für die Ärzte eine nicht ganz einfache Aufgabe, doch das ist die Zukunft.

Mehr zum Thema Exit-Strategie und Zukunft lesen Sie in unserem Beitrag: kooperation-eingehen-dokument_443

Kooperationen in der Zahnarztpraxis eingehen und profitieren!

Kooperationen in der Zahnarztpraxis eingehen und profitieren!

Kooperationen haben zwar in den letzten Jahren zugenommen, werden allerdings immer noch nicht als echte Entwicklungsmöglichkeit einer Zahnarztpraxis für die Zukunft betrachtet. Und dies, obwohl die Kooperationsmöglichkeiten durch das Vertragsarztänderungsgesetz ausgeweitet wurden und mannigfaltige Konstellationen wirtschaftliche und persönliche Vorteile bieten. Kooperationen wie etwa die Teilberufsausübungsgemeinschaft werden dennoch von Zahnärzten nicht genutzt und eingegangen.

Doch woher die Furcht vor solchen Kooperationen?

Die Vorzüge einer Teilberufsausübungsgemeinschaft sind einfach skizziert: Vertragszahnärzte können auch eine gemeinsame Tätigkeit bezogen auf einzelne Leistungen als Teilgemeinschaftspraxis ausüben. Eine umfassende gemeinsame Leistungserbringungsgemeinschaft ist damit nicht mehr erforderlich. Denn es reicht, wenn Teilbereiche des zahnärztlichen Spektrums gemeinsam erbracht werden. Dadurch können erhebliche Synergieeffekte erzielt werden. So könnten etwa ein Zahnarzt und ein Implantologe sich zu einer Teilgemeinschaftspraxis zusammenschließen und dadurch die gemeinsame zahnärztliche Behandlung gemeinsam abrechnen. Das Setzen der Implantate übernimmt hierbei der Implantologe, während der Zahnarzt sowohl die konservierende und paradontologische Vorbehandlung sowie die prothetische Versorgung des Patienten übernimmt. Der hierdurch erzielte Gewinn wird dabei zwischen den beteiligten Partnern anhand der jeweiligen persönlichen Leistungserbringung verteilt. Der Zahnarzt profitiert dabei von der Spezialisierung des Implantologen, der Implantologe profitiert vom gemeinsamen Patientenstamm.Daneben können Ressourcen gemeinsam genutzt werden, die Vertretung und der Notdienst gemeinsam geplant werden, um nur einige der weiteren Vorteile einer Teilberufsausübungsgemeinschaft zu nennen. Auch erschließt sich dem Patienten durch die Verfolgung eines gemeinsamen diagnostischen und therapeutischen Ziels der kooperierenden Zahnärzte ein stimmiges Praxiskonzept. Die Behandlung der kooperierenden Zahnärzte ist für den Patienten erkennbar aufeinander abgestimmt und bietet ihm damit eine hohe Qualität der zahnärztlichen Versorgung. Dies wiederum steigert die Patientenzufriedenheit und führt damit bestenfalls langfristig zu wirtschaftlichen Vorteilen.

Fazit

Bei der Umsetzung einer Kooperationsalternativen gibt es zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten, damit ebenso viele rechtliche Vorgaben, die es zu beachten gilt. Doch in Anbetracht der Synergieeffekte und der Möglichkeiten einer Gewinnsteigerung ist jedem Zahnarzt zu empfehlen in seinem unmittelbaren Umfeld nach Wegen Ausschau zu halten, denn immer häufiger werden Stimmen laut, dass es die traditionelle Einzelpraxis in Zukunft schwer haben wird. Also worauf warten?

LG Darmstadt: Zahnärztliches Praxislabor darf Gewinn machen

LG Darmstadt: Zahnärztliches Praxislabor darf Gewinn machen

Mit einer interessanten Frage hatte sich im März diesen Jahres das Landgericht Darmstadt zu beschäftigen.

Worum ging es? 

Ein Wettbewerbsverband hatten einen der führenden Hersteller von Dentalprodukten und -technologien für Zahnärzte und Zahntechniker verklagt.

Der Hersteller vertreibt ein CAD/CAM-gestütztes System, bestehend aus einer Oralkamera, einem PC und einer CNC-Fräsmaschine. Das System des hier verklagten Herstellers der Beklagten soll eine Alternative zu der herkömmlichen Herstellung von Zahnersatz und Einlagefüllungen darstellen, welche in Dentallaboren durchgeführt wird.

Der Hersteller war für das System u.a. mit folgendem Hinweis:

„Neben den zahnärztlichen Leistungen regelt § 9 der GOZ die individuelle Kalkulation der Laborkosten und erlaubt abweichend von dem BEL II oder der BEB eine eigene Kalkulation der tatsächlich entstandenen Laborkosten. Hier entstehen Zahnärzten Freiräume für patientenindividuelle Lösungen“.

Zugleich gab der Hersteller in einer Broschüre ein Beispiel für eine Laborpreiskalkulation. In einer andere Broschüre, heißt es u.a.

„Mit […] wandelt der Zahnarzt Fremdlaborkosten in Eigenlaborgewinn um.“

und

„Die Berechnung der Wirtschaftlichkeit eines CAD/CAM-Systems scheint auf den ersten Blick einfach. Legt man eine Leasingrate für ein solches Gerät in Höhe von 1.543,40 € zugrunde und wird dem Patienten für die Krone 270 € Laborkostenanteil zusätzlich zum Honorar in Rechnung gestellt, so verbleiben nach Abzug des Verbrauchsmaterials von 25,50 € (inkl. Strom) 244,50. Bei dieser ‚Kalkulation‘ rechnet sich die Investitionen schon ab 6 Restaurationen.“

Der Wettbewerbsverband mahnte diese Art der Werbung ab und beanstandete, dass in den Werbebroschüren des Herstellers der unzutreffende Eindruck erweckt würde, der Zahnarzt könne die eigenständig erbrachten zahntechnischen Leistungen willkürlich „kalkulieren“. Es werde gegenüber den angesprochenen Verkehrskreisen der unzutreffende Eindruck erweckt, diese könnten zahntechnische Leistungen zur Gewinnsteigerung nutzen, was eine unwahre Behauptung darstelle.

Schließlich kam es zwischen der Wettbewerbszentrale und dem Hersteller zur gerichtlichen Auseinandersetzung, in der das LG Darmstadt aber klarstellte:

„…im Rahmen der Abrechnung zahntechnischer Leistungen nach § 9 Abs. 1 GOZ, die in einem eigenen Praxislabor erbracht werden, ist Abrechnung eines angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteils durch den Zahnarzt nicht unzulässig (so wohl auch OLG Köln, Urteil vom 30.9.1998 – 5 U 168/96). Aus den Gesetzesmaterialien geht hervor, dass die Abrechnung einer Gewinnmarge für Arbeiten, die im praxiseigenen Labor gefertigt wurden, zulässig sein soll. So heißt es im Regierungsentwurf (BR-Drucks 276/87) zu § 9 GOZ ausdrücklich: „Auch für zahntechnische Leistungen, die im eigenen Praxislabor erbracht werden, darf der Zahnarzt nur die tatsächlich entstandenen Kosten unter Einschluss eines angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteils als Auslagen abrechnen. Soweit teilweise vertreten wird, dass diese Begründung keinen Niederschlag in § 9 GOZ gefunden habe, sie im offenen Widerspruch zum Wortlaut des § 9 GOZ stehe und deswegen nicht zur Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden könne (so etwa Detterbeck, GewArch Beilage WiVerw Nr. 03/2017, 153, 182), vermag die Kammer dem nicht beizutreten. Es besteht kein „offener Widerspruch“ zwischen der in dem Regierungsentwurf enthaltenen Begründung und dem Wortlaut von § 9 Abs. 1 GOZ. Dabei kann dahinstehen, ob die in dem Regierungsentwurf enthaltene Begründung so zu verstehen ist, dass der angemessene kalkulatorische Gewinnanteil als Teil der „tatsächlich entstandenen Kosten“ zu begreifen ist oder neben diesen als Teil der abrechenbaren Auslagen. Denn sowohl die Formulierung „tatsächlich entstandenen Kosten“ als auch der Begriff „Auslagen“ zwingen nicht dazu, einen „angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteil“ als von ihnen nicht erfasst anzusehen. Dieses Ergebnis, dass der Wortlaut des § 9 Abs. 1 GOZ der Abrechnung eines angemessenen Gewinnanteils nicht entgegensteht, wird auch durch folgende Erwägung gestützt: Wenn eine Fremdlaborrechnung vom Zahnarzt nach § 9 Abs. 1 GOZ abgerechnet wird, findet durchweg eine Abrechnung der vom Fremdlabor in Rechnung gestellten Gewinnmarge statt, wobei diese – in der Regel nicht offen ausgewiesene – Gewinnmarge zunächst Teil der dem Zahnarzt entstandenen „Kosten“ ist, die dieser dann als „Auslage“ abrechnet.“

Die Wettbewerbszentral hatte vor Gericht u.a. eingewandt, dass ein über das Eigenlabor erzielbarer (zusätzlicher) Gewinn dem Zahnarzt den vom Berufsrecht nicht gewünschten Anreiz böte, das bestehende Eigenlabor auch auszulasten und nicht allein objektiv den der Zahngesundheit und den Wünschen des Patienten dienenden, sondern denjenigen Zahnersatz auszuwählen, der ihm auch einen finanziellen Vorteil bringt. Dem hat das Landgericht Darmstadt aber ausdrücklich widersprochen:

„, …der Zahnarzt ist immer in der Pflicht, den Patienten ordnungsgemäß – auch über Behandlungsalternativen – aufzuklären und diese Aufklärung entsprechend zu dokumentieren. Im Übrigen erscheint es auch nicht verhältnismäßig, dem ein Eigenlabor betreibenden Zahnarzt das volle Risiko eines wirtschaftlichen Verlusts ohne die Möglichkeit der Erzielung eines angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteils aufzubürden, nur weil einige „schwarze Schafe“ ihren ärztlichen Pflichten zuwider handeln könnten. Bei lebensnaher Betrachtung finden diese „schwarzen Schafe“ auch unter Zugrundelegung des Verständnisses des Klägers von § 9 Abs. 1 GOZ Wege und Möglichkeiten, sich – etwa durch verbotene „Kooperationen“ mit Fremdlaboren (Stichwort „Kick-Back-Zahlungen“) – auf unrechtmäßige Art und Weise zu bereichern. Nicht zuletzt ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen des § 9 Abs. 1 GOZ auch nur die „angemessenen“ Kosten abgerechnet werden dürfen, was per se begrenzend wirkt.“

Wie hoch darf der kalkulatorische Gewinn aber sein? Dazu hat das Landgericht Darmstadt natürlich keine konkreten Aussagen getroffen. Allerdings hat es die oben zitierten Abrechnungsbeispiele so bewertet, dass diese „den Rahmen von § 9 Abs. 1 GOZ“ nicht verlassen. Das Gericht hat ausgeführt, dass immer zu berücksichtigen sei, „dass es bei den verschiedenen Berechnungen selbstverständlich einen Unterschied macht, wo der Zahnarzt tätig ist (alte Bundesländer/neue Bundesländer), welche Auslastung der Praxis anzunehmen ist, welches Fremdlabor herangezogen wird, und welche Arbeitszeit der Zahnarzt statt für die Erbringung zahnärztlicher Leistungen für die Bedienung des […]-Systems aufzuwenden hat.“

Fazit zum Praxislabor

Damit hat das LG Darmstadt etwas festgestellt, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Zahnärzte, die zahntechnische Leistungen in einem eigenen Praxislabor erbringen, dürfen im Rahmen des § 9 Abs. 1 GOZ einen angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteil abrechnen.

Interessant ist das Urteil vor dem Hintergrund, dass von Interessenvertreten der Zahntechniker das Eigenlabor in jüngster Vergangenheit grundsätzlich in Frage gestellt hatte. Dazu hatte man ein vielbeachtetes und vielkritisiertes Gutachten Von Prof. Steffen Detterbeck vorgelegt, der das Eigenlabor in der Zahnarztpraxis grundsätzlich in Frage gestellt hatte und 2017 dazu ausführte, dass „§ 9 Abs. 1 Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) für seinen Geltungsbereich ausschließt, dass der Zahnarzt für die Produkte, die in seinem Eigenlabor hergestellt worden sind, einen Gewinnanteil aufschlägt.“

Es war absehbar und ist gleichwohl erfreulich, dass die Rechtsprechung dies anders beurteilt.

Der Mietvertrag als ärztliches Kooperationsmodell? Geht das?

Der Mietvertrag als ärztliches Kooperationsmodell? Geht das?

Im Rahmen der Niederlassung in eigener Praxis spielen (Zahn-)Ärztinnen und (Zahn-)Ärzte häufig mit dem Gedanken, sich mit einer Kollegin oder einem Kollegen beruflich zusammenzuschließen. Die Beweggründe dafür sind beispielsweise die Teilung der Kosten, die gegenseitige Unterstützung bei der Organisation und/ oder eine flexiblere Arbeitszeit- und Urlaubsgestaltung. Viele Gründe sprechen dafür. Auf der Suche nach einem Kooperationsmodell werden Ärzte dann sehr kreativ. Man steht am Anfang und in der Niederlassungsberatung ist der anwaltliche Rat häufig der, auf den man aus Kostengründen gerne verzichtet.

Das ist übrigens ein Phänomen, dass es üblicherweise im ärztlichen und zahnärztlichen Bereich gibt. Dort wird der ärztliche Kollege oder Steuerberater gefragt, dass reicht völlig aus. Die ärztlichen Kollegen arbeiten doch auch schon lange mit dem Vertrag zusammen, das passt schon. Dass sich die Rechtslage geändert haben könnte und Teile des Vertrages heute so nicht mehr zulässig sind, wird hingenommen. Die Gestaltung von Praxisverträgen wird nach wie vor nicht oder nur sehr stiefmütterlich behandelt oder vom Steuerberater übernommen.

Veralterte Verträge für das Kooperationsmodell

Meist ist in den alten Verträgen der Kollegen nicht einmal geregelt, wer im Falle der Praxisauflösung die Telefonnummer oder Homepage weiter nutzen darf. Das ist natürlich nicht mehr zeitgemäß! Einen sicheren Praxisvertrag kann es nur geben, wenn auch die zeitgemäßen Fragestellungen geregelt sind. Die vorgegebenen und häufig verwendeten Standards und Musterverträge helfen hier nicht weiter und führen im Streitfall zu hohen und unnötigen Kosten. Gehen Sie also auf Nummer sicher und achten Sie auf die nötige Aktualität Ihrer Verträge.

Außerdem gibt es die Gruppe von Ärzte und Zahnärzten, die seit Jahren in „Kooperationen“ zusammenarbeiten, ohne einen medizinrechtlichen Rat eingeholt zu haben. Tatsächlich sind uns Koopertionsmodelle bekannt, die mit Hilfe eines Mietvertrages gestaltet werden. Auf der gemeinsamen Homepage sprechen die Ärzte dann von einer Gemeinschaftspraxis. Wir Medizinrechtler müssen dann – und das Jahre später nach Gründung – erklären, dass das Kooperationsmodell so nicht weitergeführt werden sollte, weil die vertragliche Konstruktion keine zulässige Form des Zusammenschlusses ist. Die Antwort in diesen Fällen ist oftmals: „Das funktioniert seit Jahren hervorragend und bislang hatte niemand etwas einzuwenden.“ Diese Konstrukte gehen regelmäßig nur so lange gut, bis die Kooperation umstrukturiert wird, ein Verkauf ansteht oder ein Personenwechsel stattfindet. Denn dann wird das gewählte Kooperationsmodell plötzlich hinterfragt und nicht selten zum Boomerang.

Welche ärztlichen Kooperationen stehen zur Auswahl? 

Grundsätzlich ist zwischen Berufsausübungsgemeinschaften und Organisationsgemeinschaften zu unterscheiden. Berufsausübungsgemeinschaften lassen sich dabei unterteilen in die klassische Berufsausübungsgemeinschaft (oder auch Gemeinschaftspraxis) und die medizinische Kooperationsgemeinschaft. Hingegen fallen unter den Begriff der Organisationsgemeinschaften, Praxisgemeinschaften, Laborgemeinschaften oder Apparategemeinschaften. Daneben existiert natürlich noch das MVZ und der Praxisverbund als mögliche Kooperationsform.

Welches Kooperationsmodell im Einzelfall das richtige ist, erkennt der versierte medizinrechtliche Fachanwalt schnell in einem ersten Gespräch und kann entsprechend das Konzept für die individuelle Praxis gestalten. Daneben können die notwenigen Schritte bei der Zulassung und der Ärztekammer angegangen werden. 

Gefahren der Nullbeteiligung

Ein weiterer beliebter Weg der eigenen Niederlassung oder die Übergabe der eigenen Praxis vorzubereitenden Handlung ist die Aufnahme junger Kollegen in die Gesellschaft. Regelmäßig können die Eintretenden keine oder nur geringe Vermögenswerte einbringen und sollen auch keine weitreichenden Mitbestimmungsrechte haben. 

Schnell ist eine Ergänzungsvereinbarung gestaltet und es wird aus Kostengründen kein neuer Vertrag gemacht. In der Regel wird dieser auch nur vom Senior und dem Neuling unterschrieben. Je nach Gestaltung des Gesellschaftsvertrages liegt in solchen Fällen die sogenannte Nullbeteiligung vor und die Praxis ist als unechte Gemeinschaftspraxis zu qualifizieren. Wurde dies in steuerlicher Hinsicht nicht berücksichtigt, drohen unter anderem erhebliche Steuernachzahlungen. Auch deshalb lohnt sich der fachkundige Blick und gegebenenfalls die Anpassung des Vertrages.

Unser Tipp zum Kooperationsmodell

Schon kleine Anpassungen können langfristig vor unliebsamen und teuren Überraschungen bewahren. Die frühzeitige und fachkundige Beratung lohnt sich also generell. Anzuraten ist eine Sensibilisierung für Gestaltungsformen und die strategische Ausrichtung der Praxis. Schon bei der Gründung an das Ende denken. Mit der Praxisgründung setzt der Arzt bzw. Zahnarzt das Fundament für seine Altersabsicherung. Hier sollte es wirklich wichtig sein, dass die Quelle zur Sicherung des Lebensunterhaltes auch eine risikoarme, weil zulässige Praxiskooperation ist. Eine professionelle medizinrechtliche Beratung ist hilfreich, und fällt dadurch auf, dass ihre Qualität gar nicht bemerkt wird, weil alles reibungslos läuft. Stolpersteine können mit fundierten Rechtskenntnissen eben doch vermieden werden.

Compliance Richtlinie: nice to have oder dringend erforderlich?

Compliance Richtlinie: nice to have oder dringend erforderlich?

Das Thema Compliance in Unternehmen ist ein Dauerbrenner. Für Unternehmen des Gesundheitssektors hat das Thema durch die Einführung des Antikorruptionsgesetzes an Relevanz gewonnen. „Good Governance“ ist im Jahr 2020 keine inhaltsleere Floskel mehr, sondern ein Führungsstil, mit dem Unternehmen und ihre Manager negative Schlagzeilen für das Unternehmen vermeiden wollen. Dadurch schützen sie die Unternehmensreputation und verhindern, dass neben schlechter Berichterstattung im schlimmsten Falle Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Doch wie geht „Good Governance“ und was verbirgt sich hinter dem Begriff?

„Good Governance“ kommt ursprünglich aus dem Staatsrecht und heißt auch „gute Regierungsführung“. Der Begriff umfasst unter anderem die Art und Weise wie Entscheidungen nachvollziehbar, effizient und verantwortungsbewusst getroffen werden sollen. Umgemünzt auf Unternehmen – sogenannte „Corporate Governance“ oder auch „Unternehmensverfassung“ – bedeutet dies: wie muss ein Unternehmen handeln und aufgestellt sein, damit es nach den Werten Gesetzestreue, Gleichbehandlung und Transparenz geführt und betrieben werden kann? Dabei sind interne und externe Faktoren zu beachten. Als externer Faktor kommt in Betracht, dass ein Unternehmen seine Produkte oder Dienstleistungen nicht an Kunden vertreibt, die offensichtlich mit dem Produkt eine verbotene Tätigkeit ausführen oder gegen geltendes Recht verstoßen. Als interner Faktor kann die Einführung einer auf das Unternehmen individualisierte Compliance Richtlinie hilfreich sein, so dass die Angestellten durch einen Rechte- und Pflichtenkatalog wissen, welche Verhaltensweisen das Unternehmen duldet und welche nicht. Der Fokus liegt hier auf dem Schutz des Unternehmens sowie seiner Organe und Mitarbeiter.

Die Einführung eines auf das Unternehmen individualisierten Rechte- und Pflichtenkatalog macht in vielerlei Hinsicht Sinn, weshalb wir deren Inhalt und Ausgestaltung mit dem folgenden Beitrag vertiefen möchten.

Was ist eine unternehmenseigene Compliance Richtlinie?

Eine unternehmenseigene Compliance Richtlinie ist ein selbstgesetzter Kodex, welcher als Schadensprävention, Kontrollmechanismus, Risikomanagement und Werkzeug in Krisenzeiten dient. Er ist ein Leitfaden, was gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung konkret heißt und wie sie eingehalten werden kann.

Was soll eine unternehmenseigene Compliance Richtlinie bewirken?

Jedes Unternehmen kann mit seiner Richtlinie individuelle Ziele verfolgen, die über die gute Unternehmensführung hinausgehen können. In einem ersten Schritt sollte daher herausgearbeitet werden, welchen Sinn und Zweck die Richtlinie verfolgen will. Klassisch dient eine Compliance Richtlinie der Aufklärung, Sicherheit und Kontrolle.

Aufklärung: Jedes Unternehmen muss seine Betriebspflichten kennen und muss diese aus allen Rechtsquellen ermitteln. Dabei kann es sich je nach Reichweite des Unternehmens allein um deutsche Gesetze handeln, oder auch um Regularien der europäischen Union oder um UN-Kaufrecht. Nur wenn ein Unternehmen um seine Betriebspflichten weiß, können Geschäftsführung und Arbeitnehmer diesen Pflichten nachkommen. Betriebspflichten sollten stetig aktualisiert werden, da sich die Rechtslage ändern kann oder das Unternehmen sein Produktions- oder Dienstleistungsangebot verändert. Daneben kann sich ein Unternehmen freiwillige Standards und Absichtserklärungen geben. Das kann ein Unternehmensfokus sein, wie die Absicht besonders nachhaltig zu agieren oder die Absicht die Region um den Unternehmensstandort zu fördern.

Sicherheit: In einem zweiten Schritt müssen die Pflichten an den jeweiligen Unternehmensmitarbeiter delegiert werden, damit dieser sie als Verantwortlicher sicher erfüllen kann. Die Betriebspflichten sollten für jeden Verantwortungsbereich so konkret wie möglich formuliert und delegiert werden, dass sie problemlos umgesetzt werden können.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: die Erfüllung der statuierten Pflichten müssen in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden. Dafür bietet sich eine interne Revision an. Damit später der Nachweis erbracht werden kann, dass die Pflichten eingehalten worden sind, sollten möglichst viele Vorgänge dokumentiert werden. Dies kann in Form von Protokollen oder vorgefertigten Genehmigungsschreiben passieren.

Welche Punkte gehören in eine unternehmenseigene Richtlinie?

Für Unternehmen in der Gesundheitsbranche können häufig die nachfolgenden Punkte relevant sein:

Festlegung der Unternehmenskultur/ Bestandsaufnahme
gesetzlich festgelegte Betriebspflichten
Umgang mit Fortbildungsveranstaltungen
Umgang mit Vertriebssystemen/ Rabatten/ Einkaufskonditionen
Umgang mit Veranstaltungssponsoring/ Spenden
Umgang mit Werbegeschenken
Zulässige Kooperationen vs. verbotenen Handlungen
Bezug- und Verordnung von Produkten
Kundenbindungssysteme
Aufklärung und Befolgung von §§ 299, 299a ff. StGB
Möglichkeit von Whistleblowing
Krisenkommunikation

Fazit

Je nach Unternehmensgröße ist es unabdingbar eine eigene Abteilung für Corporate Governance zu bilden, weil die Aufstellung, Umsetzung und das Auditing einer Compliance Richtlinie Aufwand bedeutet und Fachkenntnis erfordert. Damit Ihre Compliance Richtlinie alle notwendigen Regelungspunkte beachtet und einen Mehrwert darstellt, ist es empfehlenswert sich dafür anwaltliche Unterstützung zu holen. Ein externer Blick auf die bestehenden und ggf. eingefahrenen Unternehmensstrukturen können dienlich sein, um vorhandene Lücken zu beheben und Ihr Unternehmen für die Zukunft zu wappnen.